Exzessives Sitzen - Wege aus der Bewegungslosigkeit

Ist Sitzen das neue Rauchen? Wege aus der Bewegungslosigkeit

 

Die Folgen von exzessivem Sitzen für unsere Gesellschaft, und was wir dagegen tun können

 

Frankfurt am Main, 4. Februar 2016. Sieben Stunden verbringen die Deutschen an einem Werktag durchschnittlich mit Sitzen. Mit diesem Ergebnis ihres Gesundheits-Reports sorgte die Deutsche Krankenversicherung (DKV) vergangenes Jahr für Schlagzeilen. Geändert hat sich seitdem nicht viel. Während der Arbeit und im Auto sitzen wir bis zu 9,3 Stunden am Tag. Zusammen mit rund 7,7 Stunden Schlaf ergibt das im Schnitt 17 Stunden ohne Bewegung. Die restliche Zeit dient in der Regel leichter körperlicher Betätigung.

 

Die Anatomie des Menschen ist auf Bewegung ausgerichtet, dennoch ist monotones Sitzen zur wichtigsten Körperhaltung geworden. Natürlich ist es harmlos, es sich zwischendurch mal auf dem Stuhl bequem zu machen. Wer allerdings den lieben langen Tag kaum etwas anderes tut, für den hat das Folgen. Und die können gravierend sein. Ein guter Grund, sich die Sitzgewohnheiten der Gesellschaft und ihre Konsequenzen genauer anzuschauen.

 

Das passiert im Körper, wenn wir sitzen

 

Umgangssprachlich verbinden wir mit dem Ausdruck „der sitzt“ Gefängnisstrafen. Auch die Körper vieler Deutschen sind wie gefangen: in der Bewegungslosigkeit. Mit welchen Folgen? Zunächst einmal verlangsamt übermäßiges Sitzen den Stoffwechsel. Somit verringert es auch den HDL-Cholesterin-Wert, also den Pegel von dem guten  Lipoprotein mit hoher Dichte, das überflüssiges LDL-Cholesterin, das weniger gute Cholesterin,  zurück zur Leber transportiert. Bereits nach einer Stunde Sitzen sinkt zudem die Produktion von Enzymen im Körper um rund 90 Prozent. Damit verringert sich auch die Fettverbrennung dramatisch.

 

Und wie reagieren unsere Muskeln? Werden sie über längere Zeit nicht angesprochen, verkümmern sie. „Hält der Bewegungsmangel über längere Zeit an, dann entstehen Funktions- und Leistungsverluste“, so Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel. „Die Muskeln verkürzen sich und machen bestimmte Bewegungsabläufe nicht mehr oder nur unter Schmerzen möglich.“

 

Die Folgen von langem Sitzen sind vielfältig

 

Verkürzte Muskeln – das mag für viele noch verschmerzbar klingen. Allerdings ist das nur eine von mannigfachen Konsequenzen exzessiven Sitzens. Anthropologe und Sitzforscher Günter Vogel warnt, dass sehr viele Krankheiten auf das Sitzen zurückzuführen sind, darunter deformierte Wirbelsäulen und gestörter Blutfluss in den Beinen. Despeghel bezeichnet Sitzen als Leistungskiller Nummer Eins sowie Hauptursache für Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht oder Bluthochdruck. Zudem beschleunige es den Alterungsprozess. Eine neuere Studie aus Australien gibt ihm Recht. Jede zusätzliche Stunde Fernsehkonsum im Sitzen pro Tag erhöht das Risiko um elf Prozent, früher als der Durchschnitt zu sterben. Alarmierend ist auch diese Zahl: Weltweit verlieren jedes Jahr rund 35 Millionen Menschen ihr Leben durch die Folgen von Übergewicht. Rauchen tötet rund 3,5 Millionen Menschen jährlich. Ist Sitzen also das neue Rauchen?

 

Despeghel betont: „Der Mensch ist darauf programmiert, täglich zehn Kilometer zu wandern – auf der Suche nach Nahrung … Unsere Umwelt, unsere Lebensweise passen überhaupt nicht mehr zu unserer genetischen Programmierung.“ Laut NCBI, dem US-amerikanischen Institut für molekularbiologische Daten, zeigen Erhebungen: Der Mangel an körperlicher Bewegung ist weltweit direkt für sechs Prozent der Herzerkrankungen, sieben Prozent der Diabetes-2-Erkrankungen und für zehn Prozent der Brust- oder Darmkrebserkrankungen verantwortlich. „Bewegungsmangel und falsche Ernährung bedeuten Stress für das Immunsystem“, so Despeghel. „Wenn dieses System gestresst ist, kommt es zu Ausfällen. Der Mensch ist dann nur noch eingeschränkt leistungsfähig und die Gesundheit wird mit der Zeit untergraben. Das ist ein schleichender Prozess, den viele erst bemerken, wenn sich die typischen Erkrankungen einstellen.“

 

Eine aktuelle Studie, die in der Zeitschrift Lancet Oncology erschienen ist, kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass lange Arbeitszeiten das Schlaganfallrisiko steigern. Dafür wurden Daten von 600.000 Teilnehmern aus Europa, den USA und Australien ausgewertet. Das Fazit: „Wer viel arbeitet, bewegt sich weniger, isst oft mehr Fast Food, raucht mehr, schläft weniger oder trinkt zur Kompensation mehr Alkohol.“

 

Lösungen, die für jeden funktionieren

 

Doch es gibt auch gute Nachrichten. Denn wir können etwas dagegen tun – und das ist gar nicht mal so schwer. Es beginnt damit, das Sitzen so häufig wie möglich zu unterbrechen, wie Günter Vogel empfiehlt. Doch das allein reicht nicht aus. Entscheidend ist es, moderate Bewegung in den Alltag zu bringen. Despeghel: „Wer am Tag dreimal die Treppen rauf- und runterläuft, geht den Tag viel energischer an. Aber es lässt sich noch viel mehr Bewegung in den Alltag bringen: Wenn man beispielsweise eine Haltestation eher aussteigt, etwas weiter weg parkt oder noch besser, Strecken unter 1000 Metern grundsätzlich mit dem Fahrrad zurücklegt.“

 

Auch muss der Körper trainiert werden, um gesund zu bleiben. Despeghel empfiehlt zweimal 20 Minuten Ausdauertraining pro Woche plus zweimal 20 Minuten Krafttraining. Wer sich mit Sport, ausgewogener Ernährung und einem gesunden Lebensstil fit hält, schraubt das Risiko von gravierenden Erkrankungen deutlich herunter. Doch wie findet man heraus, wo man steht und wie fit man wirklich ist? Dafür reicht ein Blick in den Spiegel nicht aus. Aus diesem Grund hat Dr. Dr. Michael Despeghel gemeinsam mit Fitness First ein Werkzeug entwickelt, das der Frage auf den Grund geht. Fitness, Ernährung und Lebenswandel nimmt der FitnessCheck unter die Lupe, um an Schwachstellen gezielter ansetzen zu können, als es bisher möglich war.  

 

Tatsächlich ist es nie zu spät, etwas zu ändern. Auch noch im höheren Alter zahlt es sich aus, sich mehr zu bewegen. Das haben Untersuchungen von Wissenschaftlerinnen aus Göttingen ergeben. Es gibt also die Chance für jeden von uns, sein Leben zu verlängern. Fangen wir am besten sofort damit an.

 

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